Ein Rundgang durch Raderthal mit dem Kölner Stadtanzeiger vom 29.01.2021

— mit freundlicher Genehmigung von Inge Swolek —

Brunnentempel im Park der englischen Siedlung. Foto: Inge Swolek

Villen, Gärten, Rosen Ein Spaziergang durch die englische Siedlung in Köln-Raderthal

Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet entlang des heutigen Militärrings von Landwirtschaft, Forts, Pulvermagazinen und militärischen Bauten geprägt. Als dieser Festungsgürtel 1919 nach dem Versailler Vertrag geschleift werden musste, wurden die Überreste der Militäranlagen dank des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Adenauer nicht komplett entsorgt, sondern in einen neu angelegten Grüngürtel integriert. Manchmal so gut, dass man sie heute nicht mehr sieht, wie etwa in Raderthal.

Start am Heidekaul mit steinernem Hochkreuz

Das Veedel wurde teilweise auf einem Pulvermagazin, das aus mehreren Erdwällen, in denen die Pulverschuppen verborgen waren, erbaut. Wir starten am Heidekaul, genau am Verteilerkreis Süd. Auf der rechten Seite steht ein steinernes Hochkreuz (1) im Zentrum eines Friedhofs, der 1876 angelegt, aber schon 1914 wieder aufgelöst wurde. Links befindet sich die in die Jahre gekommene Anlage des Tennisclubs Arnoldshöhe. Die eigentliche Attraktion, die 1986 gebaute Traglufthalle (2), muss bald einem P&R-Parkplatz weichen.

Das steinerne Hochkreuz auf dem ehemaligen Friedhof am Heidekaul. Foto: Inge Swolek

In Gedanken an Fritz Encke und Kölner Architekten

Wir gehen nun durch eine Allee, die einst Teil eines Parks war, den der damalige Gartenbaudirektor Fritz Encke zu Beginn der 1920er Jahre anlegte. Über zwei Jahrzehnte konnten die Kölner durch den später nach ihm benannten Park flanieren, bis die Baumaschinen kamen und den Park zwischen 1949 und 1951 in eine Siedlung für die britischen Soldaten und deren Familien verwandelten.

An den Plänen waren eine Reihe namhafter Kölner Architekten, wie Wilhelm Riphahn, Fritz Schaller, oder Hans Schilling beteiligt. So stammen das Hochhaus (3) auf der linken Straßenseite und die vier Wohnblocks dahinter von Wilhelm Riphahn. Die funktionale Bauweise, das sichtbare Mauerwerk, die integrierten Balkone, Mosaiken und Treppenhäuser waren damals eine Besonderheit – 1967 erhielt das heute denkmalgeschützte Hochhaus den Architekturpreis.

Das preisgekrönte Wohnhaus von Wilhelm Riphan in Raderthal. Foto: Inge Swolek

Die Villen der englischen Siedlung

Am Ende der Bauten biegen wir rechts in einen Promenadenweg. Zur linken Hand erscheinen die ersten Villen der englischen Siedlung inmitten des ehemaligen Parks, von dem noch Teile erhalten geblieben sind – samt einigen Schätzen. Der expressionistische Rundtempel (4) gehört dazu. Er hat vier von Kinderfiguren, die die Jahreszeiten verkörpern, geschmückte Eingänge. An den Tempel schließt sich ein Blumen- und Staudengarten mit Sitznischen und Pergolen an. Bestes Beispiel für die Idee Adenauers, Grünanlagen für die gesamte Bevölkerung zu schaffen.

Von den Anfängen des WDR

Wir verlassen den Staudengarten, gehen nach links und stehen vor einem Flachbau in der Kardorfer Straße. In den 50-er Jahren diente es den Briten, danach als städtische Behelfsunterkunft. Heute nutzt die Bundeswehr das Gebäude als Fachschule. Gleich hinter der Bundeswehr -Fachschule (5) erhebt sich ein Hügel, einer der historischen Erdwällen (in denen ursprünglich das Schießpulver lagerte), die Gartenbaudirektor Encke in den Park integrierte Wir gehen den Hügel hinauf, der als Naturtheater (6) in der Tradition barocker Heckentheater mit Orchestergraben und einem terrassenförmigen Zuschauerraum gestaltet war.

Über die linke Seite verlassen wir den Hügel und stehen jetzt mitten in der Englischen Siedlung (7). Sie besteht aus 147 Einfamilienhäuser mit weitläufigen Gärten. Im inneren Zirkel befanden sich die Villen für die Offiziere, in den Randbereichen wohnten die Unteroffiziere und außen Angehörige der niedrigeren Militärgrade.

Bundeswehr-Fachschule Foto: Inge Swolek

Um einen Eindruck von dem Gesamtkonzept zu gewinnen, folgt man unterhalb des Hügels links der geschwungenen Eckdorferstraße, biegt rechts in die Pingsdorfer-, dann links wieder in die Eckdorferstraße ab. Das leerstehende Gebäude auf der linken Seite wurde 1927 als Rundfunkhaus der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG), einem Vorläufer des WDR gebaut. Adenauer ist es damals gelungen, 92 andere Bewerbungen auszustechen und die Rundfunkanstalt nach Köln zu holen. Der neu errichtete Sender nahm 1927 den Betrieb auf „Welle 283“ auf. 1932 wurde der Sendebetrieb eingestellt. Wenn es nach den Plänen engagierter Anwohner und Radio-Enthusiasten geht, soll hier einmal das Kölner Fernseh- und Rundfunkmuseum einziehen. Wir queren die Hitzeler-, gehen weiter über die Widdiger- in die Urfelderstraße.

Typische Villen der englischen Siedlung. Foto: Inge Swolek

Über die linke Seite verlassen wir den Hügel und stehen jetzt mitten in der Englischen Siedlung (7). Sie besteht aus 147 Einfamilienhäusern mit weitläufigen Gärten. Im inneren Zirkel befanden sich die Villen für die Offiziere, in den Randbereichen wohnten die Unteroffiziere und außen Angehörige der niedrigeren Militärgrade. Um einen Eindruck vom Gesamtkonzept zu gewinnen, folgt man unterhalb des Hügels links der geschwungenen Eckdorferstraße, biegt rechts in die Pingsdorfer-, dann links wieder in die Eckdorferstraße ab, quert die Hitzeler- und geht weiter über die Widdiger- in die Urfelderstraße. Seit 1995 steht die Siedlung unter Denkmalschutz. 2005 gingen die Gebäude zunächst in das Eigentum der Bundesregierung über, heute sind die meisten in Privatbesitz.

Wo Köln ein Dorf und der kleinste Karnevalszug zuhause ist

Wir queren die Brühler Straße und kommen auf die Markusstraße. Hier und in den Nebensträßchen verliert Köln seinen Großstadtcharakter und wirkt wie ein Dorf. Verwunschene Häuser mit bunten Türen, wilde Rosenbüsche und Holzbänke auf dem Bürgersteig bestimmen das Bild. Spätestens in der Schulze-Delitzsch-Straße (8) fühlt man sich wie auf einer Zeitreise. Einige Häuser wurden zwischen 1899 bis 1903 von der Baugenossenschaft Köln-Süd in Auftrag gegeben und stehen heute unter Denkmalschutz. Seit 2011 organisieren die Anwohner einen eigenen – übrigens Kölns kürzesten – Karnevalszug.

In der Schulze-Delitsch-Straße. Foto: Inge Swolek

Am Ende der Markusstraße erreichen wir den Höninger Platz in Zollstock. Unser Ziel ist der englische Ehrenfriedhof (9) am Südfriedhof – mit 61,5 Hektar der größte in Köln. Er wurde in den Jahren 1896 bis 1901 vom damaligen Gartenbaudirektor Adolf Kowallek im Stil des Historismus angelegt. Obwohl der Friedhof trapezförmig gestaltet ist, kann man sich schnell verlaufen. Wir betreten ihn durch den Haupteingang, gehen an der achteckigen Trauerhalle aus dem Jahre 1901 vorbei, immer geradeaus über den imposanten baumbestandenen Hauptweg an dem Hochkreuz vorbei bis zum Flurfeld 40.

Englischer Ehrenfriedhof Foto: Inge Swolek

Das Gelände des britischen Ehrenfriedhofs ist eingezäunt und befindet sich im Eigentum des britischen Staates. Hier liegen gefallene Soldaten der Commonwealth-Staaten, aber auch Mitglieder der ehemaligen Besatzungsmacht begraben. Der Commonwealth-Friedhof ist weitestgehend identisch mit anderen britischen Soldatenfriedhöfen angelegt: Einheitliche, weiße Grabplatten aus Portlandsandstein und ein Hochkreuz an der Mittelachse prägen das Gesamtbild.

 

 

Infos zur Tour

An- und Abfahrt: Die KVB hält an den Haltestellen Leyboldstraße und Höninger Platz. Wer mit dem Auto kommt, findet Parkplätze am Heidekaul.

Länge: Die einfache Tour von Haltestelle zu Haltestelle ist rund fünf Kilometer lang. Wer mehr laufen will oder mit dem Auto gekommen ist, geht zu Fuß zum Ausgangspunkt zurück. In der Englischen Siedlung gibt es zahlreiche Möglichkeiten einfach durchs Veedel zu schlendern.

Mehr Veedelsspaziergänge
finden Sie online unter    
www.ksta.de/freizeit/ausflug